07.03.2024

Stein-reiche Fassaden

Die Bereuter Bau AG hat jüngst zwei Mehrfamilienhäuser mit Sichtmauerwerk-Fassaden erstellt. Die gemauerte Aussenhaut verlangt in der Ausführung viel Aufmerksamkeit und höchste Präzision.

Stein-reiche Fassaden


Wie bei Kleidern, Haarschnitten oder Musik gibt es auch in der äusseren Erscheinung von Häusern Moden, die aufkommen und wieder abflachen. Und dann gibt es Evergreens, die immer da sind, weil sie einfach gut sind. Klinkerfassaden sind ein bisschen von beidem: sie sind technisch hervorragend und optisch so interessant, dass sie immer mal wieder im Trend sind. In den vergangenen Monaten hat die Bereuter Bau AG an der Balgriststrasse in Zürich und an der Stationsstrasse in Nänikon zwei Mehrfamilienhäuser erstellt und in Klinkerfassaden eingekleidet. «Die Projekte zeigen, dass Sichtmauerwerk nicht gleich Sichtmauerwerk ist», sagt Bauführer Micha Lattmann. In Form und Farbe seien die Möglichkeiten praktisch unbeschränkt. Und die handwerklichen Anforderungen in der Erstellung variierten abhängig von den Fassadendetails stark. 


Stein-reiche Fassaden Zurich


50‘560 Steine in Zürich

An der Balgriststrasse in Zürich zog das Hochbau-Team um Polier Swen Kupjai von Februar bis November 2023 den Rohbau eines Mehrfamilienhauses mit 25 Wohnungen hoch. Bereits kurz vor Aufrichte begannen die Arbeiten am Sichtmauerwerk. Begleitet und beaufsichtigt wurden diese von Vorarbeiter Robert Jehle. «Mit phasenweise bis zu zehn Mitarbeitenden erstellten wir in knapp drei Monaten das Sichtmauerwerk», schildert er. Entstanden ist eine geometrisch fein abgestimmte aber zugleich verspielte Fassade aus rötlichem Handform-Klinker, der wechselorientiert versetzt wurde. 1150 Quadratmeter umfasst das Sichtmauerwerk. Es besteht aus 50‘560 Klinkersteinen und 90 Tonnen Mörtel. Mit zahlreichen Fensterbrüstungen, Stürzen und Balkonbereichen ist die Fassadengestaltung äusserst detailreich. Entsprechend fordernd war die Arbeit für das Maurer-Team. Dies umso mehr, als das zuständige Architekturbüro ein klares Raster für die Anordnung der Klinkersteine vorgab. «Raum für Improvisation ist da keine, schliesslich bleibt die Klinkerfassade für die kommenden Jahrzehnte offen sichtbar», betont Lattmann. In der Erstellung seien deshalb gute Augen und wache Köpfe gefordert, damit sich keine Fehler einschleichen, die aufwendig korrigiert werden müssen. «Schwer vorstellbar, aber wir sind tatsächlich ohne Fehler durchgekommen », freut sich Vorarbeiter Jehle. 

Erschwert wurde der Mauerwerksbau durch die herbstlichen und später winterlichen Temperaturschwankungen. «Fallen die Temperaturen unter 5 Grad Celsius, wird der Abbindprozess im Mörtel gestört. Bei Arbeitsbeginn im Herbst war von Anfang an klar, dass es kritisch werden könnte», sagt Lattmann. Und so kam es dann auch. Auf die Temperaturstürze im November hin musste das Gebäude vollständig eingehaust mit einer mobilen Pellet-Heizung auf gut 5 Grad Celsius erwärmt werden. So gelang es, die Fassade ohne Zwangspause fertigzustellen. «Es war eine äusserst interessante und anforderungsreiche Arbeit. Mit dem Ergebnis bin ich sehr zufrieden », sagt Vorarbeiter Jehle. 


37‘500 Steine in Nänikon

20 Autominuten entfernt, an der Stationsstrasse in Nänikon, erstellte das Bau-Team um Polier Bruno Brunner zwischen April und Oktober 2023 den Rohbau eines Mehrfamilienhauses mit 7 Wohnungen. Auch dieser Rohbau wurde über die folgenden drei Herbst- und Wintermonate in eine Klinkerfassade eingepackt. Entsprechend musste auch hier eingehaust und beheizt werden, um die Maurerarbeiten weiterführen zu können. Im Vergleich zum Zürcher Klinker- Projekt ist die Fassade in Nänikon weniger detailreich ausgestaltet. «Geschosshohe Fenster sowie Betonbrüstungen, die jedes Geschoss vollständig umfassen, splitten das Mauerwerk in einzelne Segmente auf. Das vereinfacht die Arbeit, weil Mauerscheibe für Mauerscheibe wieder neu angesetzt werden kann», erklärt Lattmann. Auch die verwendeten Steine erleichtern die Arbeit. Die Kanten des hellen Strangpress- Klinkers sind wie mit dem Lineal gezogen. Entsprechend mussten beim Versetzen nur minimale Abweichungen ausgeglichen werden. Mit 550 Quadratmetern ist das Näniker Sichtmauerwerk halb so gross wie die Klinkerfassade der Kollegen in Zürich. Da schlankere Steine verwendet wurden, mussten dennoch 37‘500 Steine mit rund 50 Tonnen Mörtel versetzt werden. «Für das Sichtmauerwerk waren fix zwei Leute im Einsatz, punktuell kamen ein, zwei weitere Kollegen zur Unterstützung hinzu. Sie haben sehr effizient gearbeitet und ein hochwertiges Ergebnis erstellt », lobt Polier Bruno. 

Die Sichtmauerwerke in Zürich sowie in Nänikon zeigen frisch nach Fertigstellung die typischen, weiss-wolkigen Ablagerungen. «Es handelt sich dabei um so genannte Ausblühungen, im Klinker enthaltene Mineralsalze treten aus und bilden auf der Fassadenoberfläche pulverartige Ablagerungen. Um sie zu entfernen, werden die Fassaden im Frühling abgesäuert und abgewaschen», erklärt Bauführer Lattmann. Danach erstrahlen die Klinkerfassaden in jener Schönheit, die Jahrzehnte erhalten bleibt.