08.01.2024

«Wir gehen den Weg konsequent weiter»

Die Bereuter-Gruppe positioniert sich noch stärker als «Zentrum für Wertstoff- Kreislauf» und investiert in die nachhaltige Entwicklung. Ein Gespräch dazu mit CEO Adrian Thomann.

interview-adrian-thomann


Der nachhaltige Umbau der Schweizer Wirtschaft läuft, das Netto-Null-Ziel des Bundesrats soll bis 2050 erreicht werden. Welchen Beitrag kann die Bereuter-Gruppe dazu leisten?
Wir konzentrieren uns primär darauf, uns als Unternehmung nachhaltig positiv zu entwickeln. Wir sichern durch weitsichtiges Unternehmertum die Arbeitsplätze von mittlerweile 240 Mitarbeitenden. Wir ergreifen Chancen, wo sie sich bieten. Gleichzeitig senken wir unsere Verbräuche, unseren CO2-Ausstoss und damit unseren gesamthaften Fussabdruck kontinuierlich.


Dass Bauen einen Fussabdruck hinterlässt, muss man jedoch akzeptieren.
Richtig. Man muss realistisch festhalten: Wir bauen. Unsere Arbeit ist material- und maschinenlastig. In diesem Wirtschaftszweig ist absolute CO2-Neutralität nicht erreichbar. Das hält uns jedoch nicht davon ab, ambitionierte Nachhaltigkeitsziele zu verfolgen.


Was treibt Sie an?
Als traditioneller Familienbetrieb mit Wurzeln, die über 350 Jahre zurückreichen, gehört es zu unserem natürlichen Selbstverständnis, das Unternehmen so zu entwickeln, dass es Bestand hat. Dazu gehört, dass wir uns mit Nachhaltigkeitsthemen beschäftigen und laufend in die nachhaltige Entwicklung investieren. Persönlich ist mir darüber hinaus wichtig, dass ich die Möglichkeiten meiner Funktion nutze, um durch unsere Arbeit und unsere Werthaltung zur positiven Entwicklung in unserer Region beitragen zu können. Dies in einer Zeit, in der negative Ereignisse bisweilen überhandnehmen.


Von Fahrzeugen und Maschinen über den Materialeinsatz bis zum effizienten Betrieb von Liegenschaften gibt es im Baualltag zahllose Möglichkeiten, um den Fussabdruck zu reduzieren. Wie wägen Sie ab, welche Massnahmen sinnvoll sind?
Jede Massnahme, die Ressourcen schont und Emissionen reduziert, ist grundsätzlich sinnvoll. Sind für deren Umsetzung Investitionen nötig, muss man aber natürlich abwägen, wie man die Mittel sinnvoll einsetzt. In unserem Geschäftsalltag legen wir einen starken Fokus auf die Reduktion von Verbräuchen: von Treibstoff, Baustoffen und -Materialien sowie Strom. In diesen Bereichen erreichten wir schon gute Reduktionen. Aber da ist noch weiteres Potenzial. Dieses nutzen wir, indem wir bei Maschinen, Fahrzeugen, Geräten konsequent auf modernste Technologie setzen und wo nötig Verhaltensmuster anpassen. Parallel zur Reduktion der Verbräuche investieren wir in den Ausbau unserer Stromproduktion.

Die PV-Anlage auf dem Werkhof-Areal soll noch weiterwachsen?
Richtig. Wir haben die Anlage schon dieses Jahr weiter ausgebaut. Nächstes Jahr folgt ein nächster grosser Schritt. Läuft es nach Plan, sollten wir bis Ende 2024 das maximale Solarpotenzial aus dem Areal und den Installationen herausholen können. Dass wir mit dem Ausbau der solaren Stromproduktion zugleich die Elektrifizierung unserer Fahrzeugflotte vorantreiben, liegt auf der Hand. Bei den PKW und Lieferwagen gelingt das gut, bei den LKW und Baumaschinen sind die Hersteller leider noch nicht ganz so weit.


Die Wurzeln der Kreislaufwirtschaft gehen in der Bereuter-Gruppe bis in die frühen 1980er-Jahre zurück. Damals begann man, Aushub- und Rückbaumaterial aufzubereiten und wiederzuverwerten. Welche Fortschritte hat man in den Prozessen und Möglichkeiten der Kreislaufwirtschaft seither geschafft?
Der Umgang mit Aushub- und Rückbaumaterial hat sich markant weiterentwickelt und verfeinert. In einer frühen Recyclingphase sortierte man bei Rückbauten Holz und Sperrgut aus. Heute trennen wir die Materialien penibel: Beton, Mischabbruch, Holz, Glas, Elektrokomponenten, Kunststoffe, Metalle. Was in den 1980er-Jahren eine neue Erkenntnis war, ist heute selbstverständlich: Wir haben es nicht mit Abfällen zu tun, sondern mit Wertstoffen, die man wieder und wieder nutzen kann. So behandeln wir sie auch.


Wie weit können Sie den Materialkreislauf heute schliessen?
Als Bereuter-Gruppe sind wir heute so aufgestellt, dass wir den regionalen Wertstoff-Kreislauf im Bausektor effektiv schliessen können. Vom Rückbau bestehender Gebäude über die Sortierung und Aufbereitung der Materialien bis hin zum direkten Einbau oder dem Verkauf von rezyklierten Baustoffen. Dieser Prozess steht. Dennoch investieren wir weiter, um die Technologien und Prozesse innerhalb des Kreislaufs weiter zu optimieren und zu ergänzen.


Wie?
Ein aktuelles Beispiel ist die geplante CO2-Speicheranlage, die wir nächstes Jahr in Zusammenarbeit mit der Neustark AG direkt neben der neuen Sortierhalle realisieren. Sie ermöglicht es, CO2 in Beton- und Mischgranulat aus Rückbaumaterial zu mineralisieren und dauerhaft zu speichern. Solche Anlagen entstehen weltweit. Speziell in unserem Fall ist: Wir verwerten CO2, das in der Biogasanlage entsteht, welche Axpo auf unserem Areal betreibt. Wir können also künftig Rückbaumaterial aufbereiten, es mit CO2 anreichern und schliesslich als RC-Baustoffe oder RC-Beton anbieten – alles ohne Zwischentransporte direkt auf unserem Areal.


Nach wie vor wird schweizweit deutlich weniger Recyclingmaterial verbaut, als zur Verfügung stehen würde. Haben Sie hier Handlungsmöglichkeiten?
Wir können nur ein Angebot machen: Wir nehmen Aushub- und Rückbaumaterial entgegen, wir bereiten es auf, speichern bald CO2 ein und bieten es als RC-Baustoffe verschiedener Art wieder an. Diesen Prozess könnten wir sogar noch beschleunigen und den Absatz von RC-Material erhöhen. So lange es aber eine gewisse Verzögerung gibt zwischen der Anlieferung von Rückbaumaterial und der Nachfrage nach RC-Material, sind wir gezwungen, Flächen zu betreiben, auf denen das Material zwischengelagert werden kann.


Wie könnte der Gesamtkreislauf beschleunigt werden?
Unsere Kunden wollen im Bereich der Nachhaltigkeit vorwärtskommen. Die Erwartungen ihrer Auftraggeber nach nachhaltigen Lösungen steigen, das sorgt schon für Bewegung. Gleichzeitig sehen wir im Materialbereich noch viel Potenzial. Dies auch wegen Defiziten im Bereich von Normen und Vorgaben. Nach wie vor gibt es Bereiche, in denen man RC-Material einsetzen will und kann, dieses aber aufgrund von Normen und Vorgaben nicht eingesetzt werden darf. Solche Bereiche müssen durchleuchtet und vernünftig neubeurteilt werden. Ich kann nur betonen: Wir sind bereit und so aufgestellt, dass wir rasch mehr Material rezyklieren und wieder in den Kreislauf einspeisen können. Mit unserer langjährigen Erfahrung sehen wir uns gerne als Partner für Auftraggeber, Bauherrschaften und Behörden, um solche Prozesse voranzutreiben.


Der Bundesrat gibt Netto-Null bis 2050 vor. Der Kanton Zürich strebt Netto-Null bis 2040 an. Gib es Fixpunkte, die Sie sich für die Nachhaltigkeitsentwicklung des Unternehmens setzen?
Unser Ziel ist kein Fixpunkt, sondern unser Ziel ist es, dass wir unseren Fussabdruck umsatzbereinigt laufend und stetig weiter reduzieren. Wir haben soeben zum dritten Mal in Folge unsere CO2-Jahresbilanz erstellt und veröffentlicht. Sie zeigt, dass unsere Anstrengungen Früchte tragen. Diesen Weg wollen wir mit direkt wirksamen Massnahmen weitergehen, die wir aus eigener Kraft umsetzen.